Das folgende ist reine Werbung für den Film Merida – Legende der Highlands.
Es taucht hier auf, weil es für Computergrafik-Fans und interessierte Laien einen klitzekleinen Einblick über die ungeahnten Schwierigkeiten von Kleidung und Haaren in computergenerierten Animationen gibt:
Vielschichtigkeit ist – zum ersten Mal überhaupt – absolut angesagt und bei Haaren heißt die Devise: lockig ist das neue glatt! Das gilt zumindest für die Welt der computergenerierten Mode: MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS rehabilitiert mit atemberaubenden Animationen ehemalige Outfit-NoGos und macht mit neuester Technik das Unmögliche … Möglich!
WARM ANZIEHEN
Die Kleider der Figuren in MERIDA stellten die Filmemacher vor eine Herausforderung. „Im mittelalterlichen Schottland war es sehr kalt“, sagt der ausführende Produzent John Lasseter. „Eine Zentralheizung gab es schließlich noch nicht, also musste man sich warm anziehen. Es ist schon schwer genug, nur ein einziges, über eine Schulter drapiertes, Stück Stoff am Computer zu animieren. Ganz zu schweigen von mehreren Schichten von Kleidung, die übereinander liegen und von denen sich jedes anders verhält – da wird ein Level von Komplexität in der Animation erreicht, an das sich bislang niemand gewagt hat.“
„Boo aus DIE MONSTER AG („Monsters, Inc.“, 2001) trägt ein T-Shirt und Leggins“, sagt Katherine Sarafian, die Produzentin von MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS. „Und die Mutter in TOY STORY 2 trägt eng anliegende Hosen. Mehr konnten wir damals nicht darstellen. König Fergus hat dagegen acht verschiedene Schichten übereinander an – Kettenhemd, Körperpanzer, mehrere Stoffbahnen seines Kilts, einen Gürtel, ein Futteral für sein Schwert und einen Umhang aus Bärenfell. Das alles musste am Computer so programmiert werden, dass die Bewegungen jeder einzelnen Schicht absolut echt aussehen und die Kleidungsstücke alle realistisch aufeinander reagieren. Wir haben es geschafft, dank neuester Technik, neuer Software und unglaublicher Animationskünstler.“
Das Kostüm-Design eines Animationsfilms unterscheidet sich überraschenderweise kaum von dem eines Realspielfilms. Jeder Look beginnt mit einer Reihe von Skizzen, die die Story unterstreichen – die Persönlichkeit einer Figur, ihr sozialer Status, ihre Rolle innerhalb einer Szene und andere Details müssen berücksichtigt werden, um das perfekte Kleidungsstück zu entwickeln. König Fergus ist ein Krieger, der bei einem Bärenkampf ein Bein verlor und mit dem wilden Tier nun noch eine Rechnung offen hat – Kettenhemd, Körperpanzer und der Pelzumhang stehen ihm also nicht bloß ausgezeichnet, sie passen zu seinem Charakter. Die Kleidung hilft, seine Persönlichkeit zu unterstreichen.
Bei einem Animationsfilm werden am Computer die Stoffmuster entworfen und anschließend geschneidert und genäht. Das Simulation Department kümmert sich um Haare, Fell und Kleidung und muss darüber hinaus sicherstellen, dass sich das alles entsprechend realistisch bewegt. MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS stellte Simulation Supervisor Claudia Chung und ihr Team vor große Herausforderungen: „Wir wussten, dass die Kilts am schwierigsten zu schneidern sind“, sagt sie. „Ein Kilt besteht aus einer langen Stoffbahn, die über die Schulter gelegt, unzählige Male gefaltet und in der Taille mit einer Brosche befestigt wird.“ Einige Team-Mitglieder sahen sich viele Videos an, auf denen sich jemand einen Kilt überzieht, übten an Schneiderpuppen und probierten schließlich auch selbst aus, sich einen Kilt anzuziehen.“
Während das Simulation Department die Kleider konzipiert, arbeitet das Art Department an den Details – den Stoffen, den Farben und der Beschaffenheit. Tia Kratter, Shading Art Director, war für die Gestaltung der Tartans (das sind die individuellen Karomuster der Kilts) der Königsfamilie und der drei Clans zuständig. Obwohl Authentizität bei Pixar stets eine große Rolle spielt, seien die Tartans in MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS alles Originale, also eigene Erfindungen, so Kratter. „Wir wollten unsere eigenen Designs haben“, sagt sie. Während das Tartan-Muster der DunBrochs sehr naturverbunden ist, also aus erdigen Grün- und Brauntönen besteht, dominiert bei dem Design der Macintoshs die Farbe Rot. Warum? „Weil sie feurig sind“, lautet Kratters Antwort.
Für die majestätische Robe von Königin Elinor experimentierte Tia Kratter mit verschiedenen Stoffen und Ornamenten. „Der Stoff ihres Kleides besteht aus feingewebter, zarter Seide, die trotzdem unglaublich robust und stark ist – so wie Elinor“, sagt Kratter. „Ich bemalte die Seide mit metallischen Farben – in solchen Momenten liebe ich meinen Job am meisten – und klebte Blattgoldstückchen darauf, wodurch ihre kontrollierte und organisierte Persönlichkeit etwas Glamouröses bekommt.“
Anschließend landen Kratters Kreationen bei den Shading Artists, die herausfinden müssen, wie sich die Designs am Computer realistisch darstellen lassen. Nachdem das Simulation Department die Kleidungsstücke den Figuren angepasst hat, kommen ihre Farben und Texturen hinzu. Damit das fertige Produkt in Aussehen und Bewegung dem in der Realität gleicht, muss für die Animation eine Simulation programmiert werden, die die Struktur des ausgewählten Materials und die Beschaffenheit der Textilien berechnet, so Claudia Chung.
Die ganze Garderobe in MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS sieht auch hinsichtlich des Gewichts und der Beschaffenheit der Textilien und Stoffe besser und realistischer aus, als jemals zuvor. „Heutzutage sind Textilien industriell gefertigt und sind entsprechend gleichmäßig und perfekt“, sagt Kratter. „Alle einzelnen Fäden haben genau die gleiche Dicke. Unsere Aufgabe war es sicherzustellen, dass im Film nicht alles perfekt hergestellt und perfekt verwoben aussieht. Philip Child, einer unserer Technik-Genies, fand einen Weg, jeden einzelnen Faden unregelmäßig aussehen zu lassen, was Dicke und Farbabweichungen betrifft. Dann haben wir diese Fäden tatsächlich im Computer miteinander verwoben, um diese sehr aufwändigen, organischen und ungleichmäßigen Stoffe zu erschaffen, die mal enger, mal lockerer gewebt sind, ausgefranst sein können, oder auch mit kleinen Dreckklumpen durchsetzt, wenn es die Geschichte verlangt – alles zum Wohl der Authentizität und Glaubwürdigkeit.“
Regisseur Mark Andrews ist der Überzeugung, dass der Fokus auf Authentizität die Zuschauer noch mehr in den Film hineinziehen wird. „MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS ist sehr reichhaltig gestaltet, nahezu greifbar“, so Andrews. „Man möchte gerne die Hand ausstrecken und alles im Film berühren, alles fühlen, von den Roben und Kilts bis zu Meridas feuerroter Lockenpracht. Dadurch entsteht eine unglaubliche Warmherzigkeit und man spürt als Zuschauer eine persönliche Verbindung zum Film.“
HAARIGE ANGELEGENHEIT
Jeder liebt es, mal so richtig gefordert zu werden – erst recht bei Pixar, und auf jeden Fall, wenn es die Geschichte vorschreibt. Und Merida, die erste weibliche Titelheldin des Studios – eine temperamentvolle, eigensinnige Teenagerin, die darauf brennt, ihren eigenen Weg zu gehen –sollte unbedingt wilde, rote Locken haben.
Leider sind Locken und Computeranimation nicht gerade füreinander geschaffen.
Claudia Chung weiß, dass Locken, im Gegensatz zu glattem Haar, Volumen haben müssen, damit sie richtig zur Geltung kommen – und dass es verdammt schwer ist, dieses Volumen am Computer herzustellen. „Simulation basiert auf den physikalischen Grundsätzen – wir müssen also die Schwerkraft und andere Gesetze der Physik genau kennen“, sagt sie. „Wir haben zunächst nicht verstanden, warum Locken sich so bewegen, wie sie sich bewegen. Deshalb ließen wir bei Pixar von unserem exzellenten Forscher-Team Meridas Haare als Modell herstellen, um es herauszufinden.“
„Einer der Animations-Künstler entschied, dass Locken sich so ähnlich bewegen müssten, wie ein Telefonkabel, wenn man es durch die Luft schwingt.“, sagt Chung weiter. „Auf diesem Prinzip ist Meridas Haar-Modell aufgebaut, allerdings zeigte sich auch, dass Physik nicht alles ist. Die Bewegungen sahen nämlich trotzdem nicht natürlich aus. Das Animationsteam wollte C-Kurven und S-Kurven, die mit einer fließenden Bewegung reagieren, wenn Merida den Kopf herumwirft. Wir kamen schließlich zu dem Schluss, dass Meridas Haar eine viel geringere Schwerkraft haben musste als der Rest ihres Körpers.“
„Merida ist also nicht nur eine sehr begabte Bogenschützin und eine absolut furchtlose Kletterkünstlerin, sondern ihr Haar hebelt auch noch die physikalischen Gesetze aus“, so Chung. „Ihre dicht beieinander liegenden Locken widerstehen in gewisser Weise der Schwerkraft.“
„Die Gestaltung von Meridas Lockenkopf ist eine großartige Leistung“, fügt Chung hinzu. „Auch wenn ich erst dachte, dass das Art Department mit Meridas Haarpracht – bestehend aus verschieden dicken, eng und lose gedrehten Locken und Wellen – etwas übertrieben hat. Aber ein Freund von mir ist ebenfalls mit gewaltigen Locken gesegnet und ich kann bestätigen, dass es Haar wie Meridas auch in echt gibt.“
Genau diese Art der Leidenschaft und Begeisterung für jedes einzelne Problem macht laut John Lasseter einen Großteil des Erfolgs von Pixar-Filmen aus. „Unsere ganze Arbeit ist immer und zuerst der Story untergeordnet, um sie bestmöglich zu unterstützen“, sagt er. „Wer sich MERIDA ansieht, wird nicht großartig über die Haarpracht oder die Kleidung nachdenken, sondern von der Story mitgerissen sein. Die ganzen unglaublichen Innovationen, die in dem Film stecken, sind für den normalen Zuschauer unsichtbar – aber es würde ihnen auffallen, wenn sie nicht da wären. Das ist das Markenzeichen von Pixar. Unsere Mitarbeiter schuften jahrelang unglaublich hart daran, neue Techniken und einen Look zu entwickeln, die der Story dienen. Wenn dann alles zusammenkommt, sitzt man nur noch mit offenem Mund da und staunt über die Schönheit dieses Films.“
1 Kommentar
Nicht schlecht!!
http://www.theflagship.at/