Far East Film Festival – Udine 2022

Endlich wieder Normalität. Das Jahr 2022 hat trotz einiger Coronareste immerhin wieder einige tolle Filme zum Far East Film Festival gebracht und das originale Festivalgefühl mit dem großen, vollen Saal des Teatro Nuovo zurückgeholt.

Die 24. Ausgabe des Festivals hat diesen unglaublich symphatischen Charme zurückgeholt – was natürlich auch am italienischen Flair liegt, an den fröhlichen Menschen aus fast aller Welt und an den guten Filmen.

Meine Highlights stelle ich hier kurz vor, aber zuerst ein Hinweis. Es hat einen Grund, warum ich diese Seite erst einige Zeit nach dem Festival fülle und während des Festivals nur ein paar kleine Updates gebe.

Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, dass einige Filme zwar einen kurzzeitigen Flash bei mir auslösen, aber dann doch nicht in meinem Kopf hängen bleiben, zum Beispiel, …ähm, wie hieß er doch gleich?
Deshalb gibt es meine Favoriten des Jahres etwas später, aber dafür kann ich mit Sicherheit sagen, dass diese Filme etwas bei mir ausgelöst haben.

Ausserdem gebe ich zu, dass ich ein Fan koreanischer Filme bin – nach inzwischen fast drei Jahrzehnten intensiven Filmeguckens, kristallisiert sich für mich heraus, dass es nicht nur an meinen persönlichen Vorlieben liegt, sondern an einer insgesamt hohen Qualität und Hingabe, mit der diese FIlme gemacht werden. Natürlich gilt das nur für die, die es überhaupt bis aufs Festival bzw. nach Europa schaffen.

Auch in 2022 haben es wieder einige spannende koreanische Thriller zum Festival geschafft und diese waren mit Abstand die besten ihrer Kategorie in diesem Jahr. Das am längsten bei mir nachwirkende Drama allerdings kommt aus China und ist mit seiner fast dokumentarischen Art ein wunderbares Zeitzeugnis und einfühlsames Kleinod zugleich.

Leider muss ich davon ausgehen, dass es den Weg ins deutsche Fernsehen nicht schaffen wird und auch für Netflix und Co. sehe ich kaum Chancen. <Update Februar 2023: Ich habe mich getäuscht, es wird wohl einen Kinostart im März 2023 geben, nachdem „Return to Dust“ auf der Berlinale lief.>

Return to Dust
China, 2022
Regie: Ruijun Li

Return to Dust wurde mir als Märchen verkauft, naja, ich würde wohl andere Definitionen wählen, aber märchenhaft gut ist dieser Film trotzdem.
In ruhigen Einstellungen wird das gemeinsame Leben von einem armen Bauern und seiner kränklichen Frau gezeigt. Beide wurden einander in einer arrangierten Ehe von ihren Familien zugeschanzt und lernen sich nach und nach lieben.
Das wird glücklicherweise nicht romantisch verklärt sondern in einfühlsamen Bildern eines sonst sehr rauen Lebens vermittelt.

Das überleben ist für die arme Bevölkerung im Norden Chinas nicht leicht, so müssen auch diese beiden sich durchschlagen, das Feld bewirtschaften und nebenbei ein Haus bauen. Es entsteht eine Verbindung zwischen beiden, die kaum in Worte gekleidet wird, aber um so besser in Bildern erzählt wird.

Der Regisseur Ruijun Li war mir bislang vollkommen unbekannt, aber ich hoffe sehr, dass er noch weitere Filme nach Europa bringen kann. Return to Dust ist es jedenfalls unbedingt wert, gesehen zu werden.

Kingmaker
Südkorea, 2022
Regie: Sung-hyun Byun

Das ist wieder so einer der Filme, die mich das koreanische Kino lieben lassen.
Smart und intensiv erzählt, spannend bis zur letzten Minute und gleichzeitig ein Einblick in die Geschichte Koreas.

Es ist dabei gar kein so typischer Politthriller, wie z.B. „Das Attentat – The Man Standing Next“, sondern ein ausgeklügeltes Wahlkampfdrama, das die Frage stellt, ob der Zweck die Mittel heiligt. Dabei liegt der Fokus mehr auf den Personen, als auf einer spannungsgeladenen Geschichte.

Die Hauptcharaktere sollen sich wohl lose an ehemals real existierenden Politikern bzw. den Strategen orientieren. Ich bin aber sicher, dass es auch in anderen Ländern vom Prinzip so ausgesehen haben könnte und obwohl es sich um ein Stück Historie handelt, ist dieser Film und sein Inhalt genauso aktuell wie eh und je.

Mein absoluter Favorit dieses Jahr war aber

Escape from Mogadishu
Südkorea 2021
Regie: Seung-wan Ryoo

Genres verknüpfen können Koreaner besonders gut, das merkt man auch hier in Escape from Mogadishu wieder. DIe Kombination von Komödie (bzw absurder Situationskomik), harter Bürgerkriegsaction und koreanischer Nord-Süd-Annäherung ist genial und temporeich umgesetzt.

Das waren mit Abstand die spannendsten zwei Stunden in Udine dieses Jahr!

Am Anfang sticheln die Nord- und Südkoreaner in Mogadishu noch ein bisschen kindisch gegeneinander, um Einfluss in dem afrikanischen Land zu gewinnen. (Mir persönlich erschließt sich nicht, warum Somalia zu der Zeit so wichtig für die beiden koreanischen Länder war, aber das spielt für die packende Story auch nur eine untergeordnete Rolle)

Aber während sich die beiden Parteien noch an den Machthaber heranschleimen, beginnt plötzlich ein Aufstand und für die Botschaften aller Länder in Mogadishu wird alles auf den Kopf gestellt – besonders für die beiden Koreas.