Ann A. McDonald: Die Schule der Nacht
Jeder Mensch hat Geheimnisse. Manch einer verbirgt eine dunkle Vergangenheit, die er mit niemanden teilen will oder sogar kann. Dass dies sogar Auswirkungen auf die Zukunft haben und die eigene Familie für immer prägen kann, zeigt der Roman „Die Schule der Nacht“ (penhaligon) der britischen Autorin Ann A. McDonald. Sie hat einen düsteren und spannenden Roman geschaffen, der in Oxford spielt und das normale Studentenleben mit Mystik und schwarzer Magie zu einem gelungenen Leseerlebnis vereint: Die vierundzwanzigjährige Amerikanerin Cassandra Rose Blackwell, genannt Cassie, beginnt ihr Auslandssemester am Raleigh College in Oxford. Viele Jahre hat sie darauf hingearbeitet, um an dem renommierten College studieren zu dürfen. Doch es ist nicht nur ihrem Intellekt zu verdanken, dass sie fortan mit dem privilegierten Schülern die Kurse teilt, sondern ihrem Ehrgeiz. Sie blickt auf eine traumatische Kindheit zurück, die von der seelischen Krankheit ihrer Mutter geprägt war. Stets auf der Flucht vor ihren inneren Dämonen, zog sie mit ihrer Tochter im Schlepptau laufend um. Nie konnte sich Cassie auf ihre Mutter verlassen, die sich zwischen euphorischen Momenten und jenen völliger Selbstaufgabe verlor. Immer mit der Angst im Rücken, bei einen ihrer Anfälle zum Opfer körperlicher Übergriffe zu werden, lernte Cassie schon früh, für sich selbst zu sorgen. Nur diesem Umstand war es zu verdanken, dass Cassie nach dem Suizid ihrer Mutter völlig alleine ihr Leben meistern konnte. Nachdem sie ihre Mutter im Alter von 14 Jahren tot in der Badewanne aufgefunden und anschließend in Anwesenheit ihres volltrunkenden Pflegevaters beerdigt hatte, wollte sie ihr bis dahin trauriges Leben hinter sich lassen. Doch dann erhielt sie eine Postsendung mit einem Foto ihrer Mutter, das sie als Studentin in Oxfort zeigte. Von tiefer Neugier und dem Wunsch, das völlig unbekannte Leben ihrer Mutter zur erforschen, wurde Cassie an das College getrieben. Fest davon überzeugt, ein vergangenes Leben ihrer Mutter aufzudecken, verbeißt sich Cassie in ihre Recherchen, die zunächst keinen Erfolg bringen. Doch dann wird ihr ein Hinweis zugespielt, der eine dunkle Wahrheit ihrer Mutter offenbart. Mit Hilfe des Bibliothekars Elliot kommt Cassie schnell einer Geheimgesellschaft auf die Spur, die für den Selbstmord ihrer Mutter verantwortlich zu sein scheint. Als sie tiefer gräbt stößt sie auf eine Reihe mysteriöser Mord, die sich über all die vielen Jahre in Oxford ereignet haben. Bald weiß Cassie nicht mehr, wem sie am Campus trauen kann. Hugo Mandeville, der Cassies Herz zum Flattern bringt, und dessen Cousine Olivia nehmen Cassie bereitwillig und offenherzig in ihre Kreise auf. Wobei sie ihr stets mit offenen Armen begegnen, bleibt Cassie skeptisch, auch wenn ihre neue Mitbewohnerin Evie sie fest in die Clique integrieren will. Als Evie sich kurz darauf erhängt und plötzlich die gemeinsame Wohnung völlig verwüstet ist, ist Cassie fest davon überzeugt, dass es nicht mit rechten Dingen zugeht. Sie sucht Hilfe bei dem jungen Polizisten Charlie, mit dem sie eine grausame Entdeckung macht.
Ann A. McDonalds Roman „Die Schule der Nacht“ beginnt mit einer netten Geschichte über eine junge Studentin, die am Campus ein großes Abenteuer erlebt. Doch der Roman lässt schnell erkennen, dass es sich nicht um eine typische Coming-of-Age-Geschichte handelt. Das College ist von einer dunklen Atmosphäre umgeben. Gefahr lauert hinter jeder Ecke. Die reichen Studenten schießen über Ziele hinaus. Ihre fragwürdigen Taten werden von den Professoren des College gedeckt und kriminelle Übergriffe unter den Teppich gekehrt. Ein erkennbarer Komplott zieht sich wie ein roter Faden quer durch das Buch. Während Cassie immer neue spektakuläre Entdeckungen macht, die das Leben ihrer Mutter betreffen, bringt sie sich immer mehr in Gefahr. Bald fühlt sie sich verfolgt und fürchtet sich in der einsamen Wohnung. Ihre neuen Freunde scheinen ihr zunächst Halt zu bieten. Doch dann zeigen sie ihr wahres Gesicht und versetzen Cassie in Angst und Schrecken. Obwohl Cassie um ihr Leben fürchten muss, weigert sie sich, das College zu verlassen. Sie will die Wahrheit herausfinden und dem Spuk, der über Jahrzehnte das College gefangen gehalten hat, endlich beenden.
Die ruhig beginnende Geschichte liefert schon nach den ersten Seiten Spannung. Obwohl man zunächst nicht weiß, wohin die Geschichte gehen wird, kann man dieses Buch kaum aus der Hand legen. Schon ganz zu Beginn lauert hinter der scheinbar friedlichen College-Welt eine düstere Atmosphäre, die fast greifbar scheint. Man hat fortwährend das Gefühl, dass jeden Moment etwas Schreckliches passieren wird. Ist dieser Moment dann gekommen, ist man dennoch vor Schreck gelähmt. Das Finale ist mystisch und rankt sich zwischen Legenden und sadistischen Ritualen, die man wahrlich nicht erwartet hätte. Auch die Protagonistin des Buchs besitzt eine dunkle Aura und düstere Seite, was immer wieder am Rande beschrieben wird. Die Sympathie des Lesers kommt Cassie und ihren Verbündeten zuteil, während die elitären Kids und die Professoren eher unsympathisch beschrieben werden. Doch gerade dieser Kontrast macht die Geschichte so spannend, das sie für kurze Nächte sorgt. Ein sehr gelungener Roman, der Unterhaltung auf hohem Niveau liefert.
Daten
Verlag: Penhaligon
Autorin: Ann A. McDonald
Titel: Die Schule der Nacht
Genre: Fantasy
Seiten: 445
Preis: 19,99€
Hardcover
ISBN: 978-3-7645-31177-5
© Sandy Kolbuch, Bild Penhaligon