Am 22. März 2018 fand in Berlin ein Workshop mit der Literaturinitiative Berlin (LIN) und der Kinderbuchautorin Anja Janotta statt. Die Autorin lass für Schülerinnen und Schüler der 4. und 5. Klasse sowohl aus ihrer aktuellen Buchreihe „Die Trabbel-Drillinge“ als auch der 2016 erschienenen Reihe „Der Theoretikerclub“. In Workshops diskutieren die Kinder Fragen zum Thema Jungs- und Mädchenbücher und stellen ihre Ergebnisse in einem gemeinsamen Abschlussgespräch vor. Direkt nach der Veranstaltung nahm sich Anja Janotta Zeit für ein Gespräch mit uns.
Schwarzlicht: „Die Trabbel-Drillinge“ ziehen von der Stadt aufs Land und müssen sich dort gegen die Landeier zur Wehr setzen und neue Freunde finden. Sie bedienen die bekannten Klischees von Stadt- und Landmenschen und deren gegenseitige Ablehnung. Wohnen Sie selbst auf dem Land oder wovon haben Sie sich für die Geschichte inspirieren lassen?
Anja Janotta: Ich wohne tatsächlich auf dem Land. Ich habe in München, in der Innenstadt, studiert, bin dann aber mit meinen Kindern aufs Land gezogen. Und jetzt wohne ich sprichwörtlich in diesem Dorf, wo morgens die 120 Schläge vom Kirchturm kommen und alle aus dem Bett holen. Alle Nase lang riecht es überall komisch, weil der Bauer gerade seine Gülle ausfährt, aus dem Edeka kommt man nicht raus, weil man fünf Leute getroffen hat… Genauso ist es bei uns.
Schwarzlicht: Dank der bedienten Klischees wirkt die Geschichte so glaubwürdig.
Anja Janotta: Ich glaube auch, die Fallhöhe ist sehr wichtig. Die Trabbels sind ja schon ziemlich strange. Manchmal ecken sie mit ihrer Art und Weise auch an. In der Szene, wo sie auf dem frisch gegüllten Feld feststecken und mit den Schühchen darüber laufen, ist schon sehr amüsant.
Schwarzlicht: Stand von Beginn an fest, dass die Geschichte wirklich nur aus der Perspektive eines Drillings beschrieben wird?
Anja Janotta: Ich habe wirklich sehr mit mir gerungen. Und auch mit der Lektorin habe ich festgestellt, dass ich zwei Leseperspektiven könnte. Drei Leseperspektiven werden einfach zu schwierig für den Lesefluss der Kinder. Das Buch ist für 10 Jahre + und ich fand es einfach zu anstrengend für dieses Alter. Deswegen habe ich mich nur für eine Perspektive entschieden und das Mädchen gewählt, dass immer der Meinung ist, den kürzeren zu ziehen.
Schwarzlicht: Werden die Folgebände aus der Sicht der anderen zwei Schwestern erzählt werden?
Anja Janotta: Nein, Franka bleibt auch bei Band 2, aber die Haarfarbe ändert sich. Jedes Mal gibt es eine neue Haarfarbe (lacht).
Schwarzlicht: Nach „Hanni & Nanni“ und „Das doppelte Lottchen“ kennt jeder die Eigenarten von Zwillingen. Drillinge wurden bisher in Büchern selten zu den Hauptfiguren gemacht. Dass die Mädchen zwar komplett gleich aussehen, vom Wesen aber sehr unterschiedlich sind, macht die Geschichte sehr spannend.
Anja Janotta: Ich wollte nicht so einfach über die inneren Nöte eines Geschwisterkindes, die ja immer gleich sind, drüber hinweggehen. Ich habe eine Freundin, die hat eineiige Zwillinge und die erzählt mir immer, wie eng diese miteinander sind. Die haben ihre ganz eigene Sprache und gleichzeitig ist es so explosiv, weil man immer darauf achten muss, das jeder Beachtung findet. Ich erlebe ja auch immer den Streit zwischen meinen Kindern, die immer schauen, dass sie nicht zu kurz kommen. Ich glaube, diese Thematik wohnt in jedem drin. Es ist wurscht, ob Junge oder Mädchen, jeder versucht als Individuum wahrgenommen zu werden.
Schwarzlicht: Die Drillinge im Buch würde sich ja aber wünschen, nicht wahrgenommen zu werden.
Anja Janotta: Sie würden sich auf dem Land gerne verstecken. Ihre Mutter, ihre Großmutter und auch ihr Onkel, sie alle sehr hipp. Die können sich nicht verstecken und das sollen sie auch gar nicht. Sie müssen nur das Mittelding finden zwischen sich anpassen und sich selbst treu bleiben.
Schwarzlicht: Die Drillinge wachsen ja ohne Vater auf, was der heutigen Zeit entspricht und bei vielen Familien Alltag ist.
Anja Janotta: Die Drillinge haben mit ihrem Onkel, der Großmutter und ihrer Mutter ja eine Familie, auf die sie sich verlassen können. So ein starker Frauenhaushalt hat mir aber schon sehr gut gefallen.
Schwarzlicht: Die Familie wächst ja bereits im ersten Band, weil Freunde aus dem Dorf in die enge Gemeinschaft aufgenommen werden.
Anja Janotta: Auf dem Land herrscht das Schneeballprinzip. Wenn man eng mit den Menschen ist, wächst man zu einer starken Gemeinschaft zusammen.
Schwarzlicht: Haben Sie je daran gedacht, aus Ihren Büchern ein Drehbuch zu machen? „Die Trabbel-Drillinge“ sind so szenisch geschrieben, dass der Leser bereits den Film vor Augen hat.
Anja Janotta: Nein, noch nie. Es gibt ja die MP3- Version, die ja szenisch noch besser rüberkommt, weil die Geschichte sehr lebendig gelesen wird. Aber daraus ein Drehbuch zu machen, kam mir noch nicht in den Sinn. Beim Schreiben von „Der Theoretikerclub“ habe ich tatsächlich schon Szenen vor mir gesehen. Aber die wollte bisher noch niemand als Drehbuch haben. Die Idee eines Films gefällt mir.
Schwarzlicht: Können Sie bereits etwas über den zweiten Band verraten?
Anja Janotta: Das Buch erscheint am 8. Dezember. Die Familie wächst weiter, weil Mutter Babs einen Freund bekommt. Die Mädels finden das allerdings nicht gut. Die Schwestern dürfen einmal nach Berlin, was aber keine gute Idee ist. Denn das Heimweh wächst und Bella macht große Anstalten wieder zurück zu wollen. Oma Eleonore bekommt ihren ganz eigenen Instagram-Auftritt. Es wird sehr spannend.
Schwarzlicht: Wenn Sie ihre Bücher schreiben, haben Sie genau im Kopf, ob es für Jungs oder Mädchen sein soll?
Anja Janotta: Ich muss gestehen, ja. Es ist sinnvoll, sich die Zielgruppe genau anzusehen, um zu erkennen, was sie lesen wollen. „Die Trabbel-Drillinge“ war als Mädchen-Reihe geplant, die vorige Reihe „Der Theoretikerclub“ habe ich für meinen Sohn geschrieben.
Schwarzlicht: Was nehmen Sie von dem heutigen Tag mit den Kindern mit?
Anja Janotta: Ich habe viel mitgenommen, weil ich mir die Ansichten der Jungen und Mädchen viel festgefahrener vorgestellt habe. Ich fand die Idee, vielleicht mal zwei Dinge zu machen, sehr schön. Demnächst werde ich wohl mit einem Perspektivwechsel oder ähnlichem arbeiten. Ich glaube, ich habe da auch schon eine Idee.
Schwarzlicht: Dann dürfen wir ja weiterhin sehr gespannt sein. Vielen Dank!