Die Vorstellung von außerirdischem Leben im Weltall fasziniert die Menschheit seit Jahrzehnten. Die Begegnung von Außerirdischen und den Menschen ist teils wünschenswert, teils enorm erschreckend. Die verschiedenen Möglichkeiten von Aufeinandertreffen werden Jahr für Jahr in Science Fiction Filmen durch-dekliniert. Aber wer sagt, dass außerirdische Lebensformen nicht längst unerkannt unter den Menschen leben und vielleicht schon längst vergessen haben, von wo sie einst kamen? Das Autorenduo Walter Jury und Sarah Fine spielt eine solche Möglichkeit in ihrem Thriller „Scan – Im Visier des Feindes“ (cbt) durch. Ihr Buch handelt von dem 16-jährigen Tate Archer, der unter der starken Hand seines Vaters Fred erzogen wird. Tagtäglich wird Tates Leben von einem harten Krafttraining, Sprachunterricht, sowie zusätzlichen Lehreinheiten in den Fächern Chemie und Physik bestimmt. Während sich seine Klassenkameraden mit stupiden Videospielen die Zeit vertreiben, experimentiert Tate für sein Leben gerne. Der strengen Erziehung seines Vaters geschuldet, ist ihm die Zweisamkeit mit seiner Freundin Christina nur bedingt möglich. Umso mehr nutzt Tate die Chance, sie immer wieder zu beeindrucken: Wie beispielsweise mit einer Führung durch das Labor seines Vaters, in dem er zahlreiche, sonderbare Gerätschaften aufbewahrt. Tate ist der Zugang strengstens verboten, doch seine Ausbildung ermöglicht es ihm, Sicherheitssysteme zu knacken. Und so schlendert er eines Tages in das geheime Labor, wo er zusammen mit Christina einen Scanner entdeckt. Während sie mit dem Gerät herumspielen und sich zur Probe scannen, erscheint ein roter und ein blauer Lichtstrahl. Die Bedeutung dessen erschließt sich dem Paar nicht und so nimmt Tate den Scanner am nächsten Tag mit in die Schule, wo nicht nur seine Klassenkameraden, sondern auch sein Lehrer darauf aufmerksam werden. Innerhalb eines Moments tauchen Agenten an der Schule auf und fordern Tate zur Herausgabe des Scanners auf. Als er sich der Aufforderung widersetzt, eröffnen sie den Schusswechsel. Wie aus dem Nichts erscheint Fred Archer, um seinen Sohn und dessen Freundin aus der Schusslinie zu bringen. Dadurch wird eine unbarmherzige Verfolgung in Gang gesetzt. Tate und Christina finden bei seiner Mutter Zuflucht. Notgedrungen weiht sie ihn in das Vermächtnis seines Vaters ein. Tate kann nicht glauben, dass vor Jahrzehnten Außerirdische – genannt die H2 – im Zuge eines Zusammenstoßes auf die Erde kamen. Die Überlebenden mischten sich unter die Menschen, um ihre Herkunft geheimzuhalten. Nur eine handvoll Leute, die damals die Abstürze beobachtet haben, wussten von ihrer Existenz und gaben ihr Wissen über Generationen hinweg weiter. Zu jenem Kern gehört auch die Familie Archer, die die Wrackteile der Raumschiffe sammelte, untersuchte und damit begann, neue Gerätschaften daraus zu bauen. Fred war es gelungen, aus der Alien-Technologie einen Scanner zu bauen, mit dem man Mensch und Alien eindeutig identifizieren kann. Da sich im Laufe der Jahre die Aliens mit den Menschen einließen und Mischformen entstanden, leben viele H2 ohne Kenntnisse über ihre Herkunft. Die eindeutige Identifikation bringt Gewissheit, ist aber auch dazu verdammt, einen Krieg zwischen den Individuen auszulösen. Während Tate die Wahrheit und eine damit verbundene Erkenntnis verdauen muss, sind ihm die Agenten beider Seiten weiterhin auf der Spur. Wie es scheint, muss er sich für eine Seite entscheiden, wenn er sein eigenes Leben und das seiner Mutter und seiner Freundin retten will. Oder gibt es vielleicht doch einen ganz andren Ausweg?
Walter Jury und Sarah Fine ziehen den Leser ab der ersten Seite in die spannende Geschichte, deren Beginn wie eine Coming-of-Age-Handlung beginnt. Doch bereits nach dem ersten Moment macht sich das Gefühl einer dunklen Bedrohung breit, der man sich nicht entziehen kann. Die 16-jährige Hauptfigur kämpft mit pubertären Problemen und ist zugleich seinem Alter weit voraus. Mit umfangreichen Sprachkenntnissen und einer Ausbildung, die der eines Agenten gleich kommt, ist er für den Ernstfall gerüstet. Tate ahnt noch nicht einmal, dass sein Vater ihm zum Wohle der Menschheit all die Jahre getrimmt hat. Erst, als sich sein Leben innerhalb weniger Stunden komplett verändert und er alles, was er bisher kannte, in Frage stellen muss, besinnt er sich seiner Verantwortung. Plötzlich erscheint alles einen Sinn zu ergeben und gleichzeitig auch wieder nicht. Hin- und hergerissen zwischen den Gefühlen zu seiner Freundin und zu seiner Mutter, muss er nun ein Leben in Angst führen, bis er einen Ausweg findet. Fremde Menschen und Aliens treten ihm Nahe und Tate muss sich entscheiden, ob er ihnen trauen will und kann. Alleine ist er nicht in der Lage, seine Zukunft in die Hände zu nehmen. Doch kann er wirklich auf die Liebe und Unterstützung seiner Mutter zählen, die er seit der Trennung von seinem Vater kaum gesehen hat?
Während die streng gehüteten Geheimnisse auf die Teenager nieder prallen, findet sich der Leser mit ihnen gemeinsam im einem Wechselbad der Gefühle wieder. Eine rasante Verfolgungsjagd beschleunigt das Tempo des Buches immens. Kaum bekommt man die Chance, einmal Luft zu holen, bevor der nächste Feind oder Freund am Horizont erscheint. Aufgrund der straff angezogenen Spannung gelingt es einem kaum, das Buch aus der Hand zu legen. Viel zu nah ist das Ende, das mit einem Cliffhanger zum Kauf der Fortsetzung „Burn – Der Anfang vom Ende“ drängt. Die Tate Archer-Reihe ist für alle Fans von „Mission Impossible“ und „MacGyver“ eine mehr als gelungene Empfehlung.
Daten
Verlag: cbj
Autor: Walter Jury, S.E. Fine
Titel: Scan – Im Visier des Feindes (Die Tate Archer-Reihe 1)
Seiten: 336
Preis: 9,99€
Taschenbuch
ISBN: 978-3-570-31180-6