Rainer M. Schröder: Wolf Moon River
Manchmal passieren Dinge, die man nie für möglich gehalten hätte. Und wer würde sich selbst schon für einen Killer halten? Auch Jack Larson, eine der Hauptfiguren in dem Jugendthriller „Wolf Moon River“ von Rainer M. Schröder, hätte nie auch nur im Traum daran gedacht, dass er zu einem Mord fähig wäre. Und doch kam durch die Hände des Highschool-Absolventen ein Mädchen zu Tode. Als Jack am frühen Morgen von dieser Erkenntnis getroffen wird, findet er sich in einem provisorischen Gefängnis wieder. Nur schattenhaft kehren die Erinnerungen der vergangenen Nacht zurück, in der der Alkohol in Massen floss. Verstört, ängstlich und angewidert von sich selbst, sieht er nur einen Ausweg. Er muss sich schnellstmöglich befreien und die Flucht antreten, eher seine einstigen Freunde Frank und Scott Selbstjustiz walten lassen. Zur gleichen Zeit erwacht in naher Ferne die 16-jährige Olivia Wickersham aus ihrem Schlaf. Während sie noch die Ruhe und Dunkelheit genießt, bereitet Jack bereits seine Flucht vor. Mit dem Nötigsten an Proviant macht er sich mit einem Boot und der Leiche im Gepäck auf die Reise. Gerade rechtzeitig, da Frank und Scott sein Verschwinden bereits bemerkt haben und ihn mit einer Schrotflinte folgen. Nur knapp kann Jack ihrer Verfolgung entgehen und sich in das reißende Gewässer in der Nähe retten. Wenig später trifft Olivia am Yachthafen von Glendale Falls zum ersten Mal auf Catherine Sherwood, die neue Freundin ihres Vaters. Ein Pilot soll die zwei Frauen und Catherines Sohn Patrick mit einem kleinen Flugzeug zum abgelegenen Lake Anderson bringen, wo sich alle kennenlernen wollen. Patrick, der das Wochenende lieber mit seinen Freunden verbracht hätte, bemüht sich, schlechte Laune zu verbreiten. Obwohl auch Olivia nicht sonderlich begeistert über die Idee ihres Vaters ist, bemüht sich ihm zuliebe um eine möglichst nette Atmosphäre. Während Jack mittlerweile die Leiche verscharrt und nun dicht gefolgt von Frank und Scott auf den wilden Wolf Moon River zusteuert, steigt Olivias Flugzeug in die Lüfte. Kurz vor ihrem Ziel kommt es zu einem schweren Maschinenschaden, der das Flugzeug zum Absturz bringt. Olivia, Patrick und seine Mutter überleben mit kleinen Blessuren. Ihr Pilot stirbt hingegen an seinen Verletzungen. Da das Flugzeug von seiner geplanten Flugroute abgekommen ist, müssen Patrick und Olivia Hilfe holen. Gemeinsam begeben sie sich auf einen mehrtägigen Fußmarsch durch die Wildnis. Einige Tage später stoßen sie auf Jack, der mit letzter Kraft dem lebensgefährlichen Wildwasser entkommen ist. In der Not teilen Olivia und Patrick ihre spärlichen Reserven mit ihm, bis er sein wahres Gesicht zeigt.
Der in Rostock geborene Jugendbuchautor Rainer M. Schröder vereint in seinem Thriller das Schicksal mehrerer Teenager miteinander. Im Fokus der Geschichte stehen Jack, Olivia und Patrick, die alle mit einem traumatischen Erlebnis zu kämpfen haben. Alle drei kämpfen um Verluste und das Überleben in der Wildnis. Je länger Patrick und Olivia gemeinsam ihren beschwerlichen Weg bestreiten, desto besser lernen sie sich kennen. Aus der anfänglichen Abneigung erwächst allmählich eine offene Sympathie, gepaart mit der Angst, den neu gefundenen Freund zu verlieren. Geheimnisse offenbaren sich in der größten Not und verbinden die Jugendlichen. Derweil erkämpft sich Jack alleine seinen Weg über das Wasser zurück in die sichere Zivilisation. Stets mit seinen Verfolgern und der Angst über die drohenden Konsequenzen seiner Tat im Nacken. Durch einen Zufall treffen die drei Jugendlichen aufeinander. Was zunächst als glückliche Fügung erscheint, entpuppt sich bald als gefährliche Begegnung.
Rainer M. Schröder wechselt immer wieder die Perspektive zwischen seinen drei Hauptfiguren und deren Verfolgern. Einblicke in die intimen Gedanken der Figuren offenbaren deren Ängste und Befürchtungen. Durch die Rauheit der Natur und ihren lauernden Gefahren wirkt das Abenteuer der Jugendlichen losgelöst von der bekannten Welt. Nur mit einfachen Mittel ausgerüstet, scheinen sie der Wildnis nicht gewachsen. Und doch gelingt es ihnen, unbekannte Kräfte zu mobilisieren. Mit Mut und einem unstillbaren Lebenswillen nehmen sie die Herausforderung des Schicksals an und kämpfen sich zurück in die Zivilisation. Das spannende Survival-Abenteuer ist gespickt mit Elementen des Coming-of-Age-Dramas und seichten Thriller-Aspekten. Der Autor vermittelt im Laufe der Geschichte grundlegende Kenntnisse über das Überleben in der Wildnis, die er geschickt in die Handlung eingebaut hat. Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, wodurch das Buch im Nu zu Ende ist. Die Handlung ist spannend aufgebaut und atmosphärisch gut ausgestattet. Überraschende Wendungen sorgen für unerwartete Situationen, die dem Ganzen noch einmal mehr an Spannung verleihen. Zum Ende hin laufen alle Handlungsstränge zusammen und lassen das ganze Ausmaß der Ereignisse erkennen. Im Epilog wird die Geschichte mit einem runden Ende versehen, das die Geschichte mehr als gelungen abschließt. „Wolf Moon River“ ist eins der spannendsten Bücher, das ich in diesem Jahr gelesen habe.
Verlag: cbj
Autor: Rainer M. Schröder
Titel: Wolf Moon River
Seiten: 380
Alter: ab 12 Jahren
Preis: 16,99€
Hartcover
ISBN:978-3-570-17239-1
Erschienen: 12. September 2016
© Sandy Kolbuch, Bild cbj