Wie bei wahrscheinlich jedem ordentlichen Festival ist das besondere, dass man interessante Begegnungen mit spannenden Leuten haben kann, egal ob Macher, Gäste oder Publikum. In Udine ist das seit Anfang an so – die Filmemacher kommen auf Tuchfühlung mit den Zuschauern.
Die Herzlichkeit der Einwohner ist unverändert und die Stadt Udine ändert sich kaum , deshalb gibt es von mir eigentlich keine neuen Fotos zu sehen, aber da ich trotzdem welche schießen „musste“, weil ich eine kleine fliegende grüne Begleitung hatte, die immer mit ins Bild wollte, gibt es hier doch das eine oder andere Foto.
Aber eigentlich geht es ja um die Filme:
Es gibt die besonderen Filme, die einen fragend oder staunend zurücklassen, die großen epischen Werke und die wichtigen Filme, die einen gesellschaftlichen Missstand aufzeigen wollen.
„Convenience Story“ gehört in die erste Kategorie. Das Originalbuch wurde von Mark Schilling, einem Japan-Kenner und Filmaussucher des Far East Film Festivals geschrieben.
Ein Drehbuchautor verliert sein komplettes Skript (bis auf einen einzigen Buchstaben), nachdem derHund seiner Freundin dummerweise mit dem Notebook gespielt hat. In einem Wutanfall setzt er den Hund irgendwo im Nirgenwo aus, nur um festzustellen, dass er bei seiner Rückkehr in einer fantastischen Welt rund um und in einen Convenience Store gelandet ist. Convenience Stores sind die japanischen Rund-um-die-Uhr-Tante-Emma-Läden, die am ehesten mit Berliner Spätis verglichen werden können (oder Tankstellenshops) und wahrscheinlich von 99% der Japaner regelmäßig besucht werden.
Kein Wunder, dass ein Store die Grundlage einer Story bildet, die zwischen mystisch, absurd, quietschbunt und tragisch pendelt.
Es gibt keine wirkliche Auflösung der Geschichte und so blieb das Publikum mit vielen Fragezeichen in den Gesichtern zurück. Ein leicht psychedelischer Trip, der zum Nachdenken auffordert, aber nicht jedermans Geschmack ist.
Ganz anders das brutale japanische Epos um die geschichtlich wichtige Figur Oda Nobunaga, einem Feldherrn und Fürsten und seine Frau Nohime. Während der normale Ansatz für „The Legend & Butterfly“ sicherlich die geschichtlichen Ereignisse der drei erzählten Jahrzehnte wäre, konzentriert sich der Film eher auf die Beziehung der beiden im Wandel der Zeit.
Dabei kommen aber ausufernde Schlachten nicht zu kurz, so dass der Augenschmaus für Freunde von historischen Scharmützeln trotzdem in großen Dosen serviert wird.
Ich bin nicht ganz sicher, ob Europäer mit diesem, die historischen Ereignisse ziemlich frei wiedergebendem Film, etwas anfangen können. Der geschichtliche Hintergrund dürfte vielen fehlen.
Als tragische Liebesgeschichte mit blutigen Einlagen funtkioniert es allerdings gut.
Einen weiteren epischen Film, der die koreanischen Kinokassen rockt und der auf Disney+ zu sehen sein wird, gab es mit „The Night Owl“, ein Historiendrama und Krimi
Das Thema ist auch wieder komplex und ich gestehe, dass ich anfangs Mühe hatte, einige Charaktere auseinanderzuhalten. Trotzdem hat mich die Nachteule – der blinde Protagonist kann nachts komischerweise schemenhaft sehen – fasziniert. Koreaner verstehen es einfach, Geschichten spannend zu erzählen.
Zur Auflockerung ein paar Fische, die im klaren Flüsschen mit durch Udine schwimmen
In die Kategorie de „wichtigen“ Filme mit gesellschaftlicher Bedeutung möchte der Horrorfilm „Deleter“ zählen. Die ziemlich unmenschlichen Bedingungen, denen die Moderatoren ausgesetzt sind, die Gewalt, Pornographie und Missbrauch aus den sozialen Medien entfernen sollen, werden beklemmend dargestellt und ziehen den Zuschauer sofort in einen gruseligen Bann. Für meinen Geschmack „leider“ wird dann allerdings im Laufe des Films dem realen Horror noch eine mystische Komponente, sozusagen eine Überhöhung hinzugefügt und damit die Ernsthaftigkeit der echten Brutalität der sozialen Medien einen Popcornfaktor hinzugfügt, das wohlige Gänsehautgefühl, weil es ja nicht echt ist.
Wir sollten den Contentmoderatoren von Facebook, Instagram und Co. unseren größten Respekt zollen, wenn sie den schlimmsten Schmutz für uns ertragen, Dazu braucht es keinen rachsüchtigen Geist o.ä.
Trotzdem funktioniert der Film als depressiver Horrorfilm auch gut…
Eine vierte, noch nicht benannte, Kategorie Film ist der „Quatsch mit Soße“-Film, den meistens die Japaner ins Programm werfen. „Techno Brothers“ ist so ein charmanter billiger Klamauk, der durch grandiose Kraftwerk-Musik positiv auffällt.
Filmisch gibt es Anleihen bei den „Blues Brothers“ und den „Leningrad Cowboys“, aber alles auf einem einfachen Niveau, was aber mit den Running Gags und schräger Situationskomik zusammen bei den im Kino zahlreich anwesenden Fans zu Begeisterungsstürmen geführt hat.
Das war nur ein kurzer Ausschnitt aus einem wie immer umfangreichen Programm von tollen Filmen.
Mehr findet sich auf www.fareastfilm.com