Martin Muser: Weil

Nicht zuletzt durch den aktuellen Krieg in der Ukraine ist der Alltag scheinbar von Gewalt geprägt. Liest man die Zeitung, hört im Radio die Nachrichten und verfolgt jene im Fernsehen, im Internet oder über die Socialen Netzwerke, hört und sieht man Gewalttaten.
Übergriffe von Jugendlichen, Nötigungen, Mord… das radikale Böse kennt scheinbar keine Grenzen mehr. Täglich wird man damit konfrontiert und die Angst wächst.

Martin Muser, der mit seinem Jugendthriller „Weil“ von einem unglaublichen Erlebnis einer Gruppe Abiturienten berichtet, versucht seine eigene Angst zu bezwingen, was ihm nicht gelingt, weil es nicht auf alles eine Lösung gibt.

Als Knut den VW-Bus aus dem Carport steuert, um seine Freunde abzuholen, ist er sich seines privilegierten Lebens bewusst. Er ist dankbar dafür nie wirklich Probleme gehabt zu haben. Auch seine Freundin Esther, die sich mit einem intakten Wertesystem dem Schutz der Umwelt verschworen hat, musste noch nie etwas dramatisches erleben. Manuel hingegen, dessen Freundin sich gerade von ihm getrennt hat, geht emotional gerade durch die Hölle. Alles scheint ihm egal zu sein, weil er nichts mehr fühlt außer dem Schmerz seines gebrochenen Herzens. Türkin Selin, die mit ihren Geschwistern und ihren Eltern in einer Dreizimmerwohnung lebt, erträgt nur schwer Ungerechtigkeit und seit der Pandemie die Nähe anderer Menschen. Lediglich ihr Freund Philipp, der sich aufgrund seiner Hautfarbe immer irgendwie als Außenseiter fühlt, kann ihre Haltung nachvollziehen.
Als alle gemeinsam aufs Land nach Rehberg fahren, um im Wochenendhaus von Esthers Eltern für die Abiprüfungen zu lernen, ahnen sie nicht, dass sie wenige Stunden später das Leben an sich in Frage stellen werden.
Auf dem Weg zu ihrem Ziel nehmen sie einen Anhalter mit. Bereits nach wenigen Minuten erkennen die Freunde, dass dies ein gewaltiger Fehler war, als er damit beginnt, sie der Reihe nach zu beleidigen. Er macht keinen Hehl daraus, dass er etwas gegen Schwarze hat und von Türken nicht viel hält. Aber auch über die anderen macht er sich lustig und bringt die Teenager gegen sich auf. Als er während einer Tankpause aufs Klo muss, nutzen die Freunde die Chance und machen sich aus dem Staub. Bewusst entschließen sie sich dazu, den Anhalter einfach zurückzulassen und entsorgen kurz darauf auch dessen vergessene Tasche während der Fahrt. Ein weiterer Fehler, wie ihnen kurz darauf klar wird. Denn am nächsten Morgen, nachdem die Freunde im Wochenendhaus angekommen und sich häuslich eingerichtet haben, steht plötzlich der Anhalter vor der Tür. Aber Liam ist nicht alleine, sondern hat seine Brüder Henk und Arne dabei. Sie fordern unter Gewaltandrohung die Herausgabe von Liams Tasche. Gezwungenermaßen machen sich Philipp, Knut und Arne auf die Suche nach der Tasche, während Henk die anderen mit einem perfiden Spiel herauszufordern versucht. Als Philipp und Knut zurückkehren, ist offensichtlich, dass ihre Suche erfolglos war, was Knut am eigenen Körper büßen musste.
Panisch sammeln die Freunde Geld, um die verlorenen Sachen von Liam zu ersetzen. Und tatsächlich können sie die Brüder dadurch zum Gehen überreden. Aber wenig später sind sie zurück und bedrohen die Freunde mit einem Gewehr. Henk, der schon als Kind davon besessen war, Tiere und Menschen zu quälen, ist in seinem Element. Er will die Teenager für ihre Tat büßen lassen und dies, mit allen Mitteln. Er schreckt nicht davor zurück, sie anzugreifen und selbst, als sich ein Schuss löst, bleibt er die Ruhe selbst und genießt die Verzweiflung seiner Opfer. Esther gelingt es zu fliehen, doch als sie wieder aufgegriffen wird, müssen alle um ihr Leben bangen. Fest entschlossen, sie alle zu töten, genießt Henk jeden Moment, in dem die fünf Freunde um ihr Leben fürchten. Eine Rettung scheint aussichtslos und jeden Moment droht ihr Leben für immer vorbei zu sein. Doch dann wendet sich das Blatt…

Neben der ungewöhnlichen Geschichte, die den Leser in den Bann zieht und zugleich ein mulmiges Gefühl erzeugt, ist die Buchgestaltung zu erwähnen. Der schlichte, nachhaltige Pappband ist auf den ersten Moment ungewöhnlich, hebt er sich doch von den bunten, Hochglanzcovern vieler Werke der Zielgruppe ab. Doch nach dem Lesen des Buches verschmilzt die Optik mit der Handlung. Denn Nachhaltigkeit und ethische Prinzipien sind auch Thema der Handlung. Und so entspricht das schlichte Cover der umweltbewussten Zielgruppe und verdient genau aus diesem Grund die positive Hervorhebung.

„Weil“ ist eine erschreckende Schilderung, die nicht realistischer sein könnte. Grundloser Hass gepaart mit fehlender Moralvorstellung spitzt sich zu einem Szenario höchster Angst zu. Auf nur 122 Seiten erlebt der Leser die pure Gewalt mit, deren Grund bis zum Ende unbekannt bleibt.

Daten
Verlag: Carlsen
Autor: Martin Muser
Titel: Weil
Seiten: 128
Preis: 13€
Alter: ab 14 Jahre
gebunden
ISBN: 978-3551584939