Gravity 3D
www.gravity-derfilm.de
ab 03. Oktober 2013 im Kino
Regie: Alfonso Cuarón
Sandra Bullock – Dr. Ryan StoneGeorge Clooney – Matt Kowalsky
Bullock spielt die brillante Medizintechnikerin Dr. Ryan Stone, deren erste Shuttle-Mission vom erfahrenen Astronauten Matt Kowalsky (Clooney) geleitet wird – nach diesem Einsatz will er seinen aktiven Dienst beenden. Doch während eines scheinbar ganz normalen Weltraumspaziergangs kommt es zur Katastrophe…
Aufgrund des ohrenbetäubenden Schweigens wissen sie, dass sie den Kontakt zur Erde verloren haben … (aus dem Pressetext)
Vorneweg: Gravity ist der schönste Film, den ich seit langem gesehen habe, der beste 3D Film überhaupt und das realistischste Weltraumabenteuer seit Apollo 13. Es ist DIE Ansehempfehlung dieses Jahres, eine 98,5 von 100.
Alfonso Cuarón zieht bei diesem Meisterwerk noch mehr Register als beim optisch schon beeindruckenden „Children of Men“, wo eine mehr als achtminütige Häuserkampfszene ohne (sichtbaren) Schnitt choreographiert wurde und bleibenden Eindruck hinterließ.
Gravity nutzt wirklich alle drei Dimensionen voll aus, nicht etwa für die typischen Erlebnisparktricks, die einem ständig etwas entgegenfliegen lassen, obwohl das auch vorkommt, sondern für eine visuelle Ausnutzung des Raums, wie sie noch nie so wundervoll gezeigt wurde.
Allein die unendliche Weite des Alls, die in diesem Film spürbar wird, lohnt schon den Besuch des nächstgelegenen 3D Kinos, aber wie wir von anderen Hollywood-Krachern zur Genüge wissen, macht ein fettes CGI Budget à la Transformers noch keinen guten Film.
Zum Glück gibt es eine realistische Handlung und für meinen Geschmack glaubwürdige Charaktere. Es ist verwunderlich, aber Billigkomödien-Ikone Sandra Bullock trägt zusammen mit George Clooney den gesamten Film.
Ich gehe so weit zu behaupten, dass Sie mindestens die zweitbeste Perfomance ihrer bisherigen Karriere abliefert.
Und das überwiegend durch das Visier des Raumanzugs hindurch! Ich muss ihr noch mal eine neue Chance auch bei anderen Filmen geben. Das Clooney seiner Rolle gerecht wird, ist klar. Eigentlich spielt er nur sich selbst, lenkt aber nicht zu sehr von Bullock ab, dafür sorgt schon der Raumanzug…
Das schwierigste bei solch einem Film ist wahrscheinlich das Drehbuch, auch wenn es am einfachsten klingt.
„Man nehme ein paar Leute und lasse sie in unwirtlicher Umgebung einer Katastrophe ausgesetzt sein.“ Soweit so gut, aber daraus einen Film zu machen, der Laien fasziniert und Profis nicht mit dem Kopf schütteln lässt, ist schwierig. Alfonso Cuarón und sein Sohn Jonas, die beide das Drehbuch geschrieben haben, haben es locker hinbekommen. Abgesehen von einer gewissen dramaturgischen Verdichtung um von Etappe zu Etappe zu kommen, ist alles bis ins kleinste Detail realistisch, von fehlenden Geräuschen im Weltall bis zur Ausstattung der Sojus Raumkapseln, vom Anblick der Erde bis zur Bewegung in Schwerelosigkeit, alles stimmt!
Wenn alles so perfekt ist, warum gebe ich dann „nur“ 98,5 von 100 möglichen Punkten?
Es gibt kurz vor dem Ende eine Musik, die möglicherweise den heißblütigen Spanier glücklich macht und in seiner pompösen Art vielleicht noch Hans Zimmer Fans, die aber bei allem Realismus der vorher gezeigt wurde, aufgesetzt klingt.
Dafür gibt es als Ausgleich wieder die liebevolle und detailverliebte Darstellung der Raumschiffe. Bislang konnte ich nicht herausfinden, ob Cuarón bzw. sein Setdesigner in echten ISS und Sojus/Shenzhou (Trainings-)Raumschiffen Fotos gemacht hat, aber abgesehen von kleinen künstlerischen Freiheiten sieht alles so aus, wie es soll – und stimmt damit auch den Nerd zufrieden, der sonst bei pseudowissenschaftlichen Science-Fiction Filmen die Nase rümpft.
Noch ein Satz zum Realismus: Gravity versucht gar nicht erst in jede Szene tiefe Bedeutungen hineinzuverfrachten. Hollywoodschmalz und romantischer Kitsch fehlen. Philosophisch ist ein Film, der mit unseren Urängsten spielt, automatisch. Cuarón verzichtet zum Glück darauf, mehr aufzupfropfen.
Trotzdem wird jeder für sich noch die eine oder andere Stelle finden, die ihn seine eigenen Fragen nach dem Woher, Warum und Wohin stellen lässt. Und vor allem „Was würde ich in so einer Situation tun?“
Gravity ist ein phantastischer Film! Wer in diesem Jahr nur noch einen Film sehen will – Gravity ist genau dieser!
2 Kommentare
Auch wenn ich beim Gucken spontan nicht ganz so begeistert war (wg. der Backstory der Bullock-Figur, der immer wieder unvermittelt kaputten Satelliten und ja auch wg. Hans Zimmers Musik gegen Ende), kann ich dieser begeisterten Kritik doch zustimmen. Und würde dazu unbedingt das Truffaut zugeschriebene Zitat „Film ist, wenn schöne Frauen schöne Dinge tun“ heranziehen: Sandra Bullock, die ja nun wirklich schon in SPEED, WHILE YOU WERE SLEEPING und L.A.CRASH klasse war, ist hier einfach wunderschön – im Raumanzug und im Feinripp-Unterhemd. Und man darf den Machern unbedingt unterstellen, dass sie mit dieser Besetzung einen ganz besonderen – ebenso klugen wie ironischen – Beitrag zur aktuellen Gender-Diskussion leisten wollten. Nirgends „funktionieren “ Männer und Frauen so pur wie im Weltraum und nirgends steht so viel auf dem Spiel, bis eine starke Frau wieder Boden unter die Füße bekommt. – In der Tat ein ganz großer Film. Und dabei hätte es auch genügt, wenn George Clooney einfach nur eine Kaffeemaschine bedient hätte.
Autor
Vielen Dank für den freundlichen Kommentar!
In „Speed“ fand ich sie nicht so gut wie hier, „While you were Sleeping“ habe ich nicht gesehen und „L.A.Crash“ würde ich u.U. als den bezeichnen, wo sie noch besser ist, als hier.
Die Backstory der Bullock-Figur fand ich in dem Fall akzeptabel, weil es eben nicht schnulzig ausgewalzt wurde, sondern auch wieder realistisch bei so einer Art Frau.
Bei allem anderen stimme ich vollends zu.
Allen anderen wünsche ich viel Spaß beim Film und hoffe auf weitere Kommentare der Zuschauer!